Goldbach, Pfarrarchiv (D-GOL) – Depositum in D-WRha
Ein beredtes Zeugnis über die Kirchenmusikpflege im thüringischen Nessetal vom 17. bis zum 19. Jahrhundert ist der reichhaltige Notenbestand aus dem Pfarrarchiv Goldbach, der sich seit 2012 als Depositum im Thüringischen Landesmusikarchiv Weimar befindet. Zu den ältesten Goldbacher Quellen gehört neben einigen Musikdrucken ein in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erstellter Satz handschriftlicher Stimmbücher, von dem noch drei Stimmen als Konvolut erhalten sind: Discant, Tenor und Bass. Die darin enthaltene geistliche, meist mehrchörige Vokalmusik stammt u. a. von Heinrich Schütz, Samuel Scheidt, Andreas Hammerschmidt, Heinrich Hartmann, Johann Rudolph Ahle, Heinrich Grimm, Thomas Selle und Wolfgang Carl Briegel. In Ergänzung dazu kündet auch eine Inventarliste von 1657/58 bereits von einem reichen Notenfundus, der zwar verloren gegangen ist, aber ebenfalls das hohe Niveau der Goldbacher Adjuvantenmusik im 17. Jahrhundert belegt.
Den wertvollsten Teil des Goldbacher Schatzes aus dem 18. Jahrhundert bilden die Partitur- und Stimmen-Abschriften eines Kantatenjahrgangs von Georg Philipp Telemann, des sog. Ersten Lingenschen Jahrgangs (1722/23). Die Noten stammen aus Tambach (seit 1919 zu Tambach Dietharz gehörig), wo Johann Georg Metz (erster Vorbesitzer der Quellen, vereinzelt auch Schreiber) ab 1740 Substitut und ab 1742 Schuldiener an der unteren Knabenschule war und von 1742 bis zu seinem Tod 1758 als Kantor wirkte. Laut Jahresrechnung der Kirche Goldbach wurden die Kantatenhandschriften im Kirchenjahr 1746/47 aus Tambach käuflich erworben.
Mit teils noch im 18. Jahrhundert, teils zu Beginn des 19. Jahrhunderts angefertigten Abschriften sind Komponisten wie Stölzel (vermutlich Gottfried Heinrich Stölzel), Georg Anton Benda (mit bisher unikaten Handschriften der Dank-Kantaten Gelobet sei Gott und Ihr Seelen auf in der Gemeine), Johann Friedrich Doles, Carl Heinrich Graun und Johann Heinrich Rolle vertreten.
Unter den Notenkopisten, deren Namen in einigen Handschriften genannt sind, befinden sich Kantoren, die in Goldbach tätig waren, wie Chr. [Christian oder Christoph] Wilhelm Endert (Kantor in Goldbach 1770–1777), sein Nachfolger Heinrich Johann Daniel (im Amt 1777–1813) sowie dessen Sohn und Amtsnachfolger Julius Abel Friedrich Daniel (Kantor in Goldbach 1814–1860). Einige Kompositionen und mehrere Abschriften verschiedener Werke stammen von Johann Heinrich Reif (1769–1830), der im benachbarten Hochheim als Schullehrer und Organist gewirkt hatte.
Der Bestand wurde 2016/2017 von Undine Wagner für RISM katalogisiert.
• Zuständig: RISM-Arbeitsstelle Dresden
• Website: Thüringisches Landesmusikarchiv
Literatur:
Hans Rudolf Jung, „Zur Pflege der Figuralmusik in Goldbach bei Gotha im 17. und 18. Jahrhundert“, in: Reinhard Szeskus (Hrsg.), Johann Sebastian Bachs Traditionsraum, Leipzig 1986 (Bach-Studien 9), p.111-141
Undine Wagner, „Der Goldbacher Notenbestand – ein kleiner Einblick in einen großen Schatz“, in: 10. Thüringer Adjuvantentage 2017, Programmheft zu den 10. Thüringer Adjuvantentagen in Goldbach und Bufleben (8. – 10. 9. 2017), hrsg. von der Academia Musicalis Thuringiae e. V., Weimar und Erfurt 2017, p. 12f.
(Undine Wagner, 2017)