Niederalteich (D-NATk)
Der Notenbestand aus Spitz a. d. Donau liegt im Archiv des Benediktinerklosters Niederaltaich. Das im Jahre 741 gegründete Kloster Niederaltaich weitete im Zuge der Herrschaft der Karolinger seinen Einflussbereich entlang der Donau bis in die Wachau aus. In einem Schreiben vom 6. Oktober 830 Ludwigs des Deutschen wird die Schenkung des Gebiets um Spitz an das Kloster bestätigt. Die Propstei Spitz war bis zur Säkularisation im Jahr 1803 im Besitz des Klosters Niederaltaich. Das Kloster Niederaltaich wurde erst 1918 wiederbegründet.
Der Bestand besteht zum größeren Teil aus Handschriften, ein kleinerer Teil sind Drucke, die in der Mehrzahl später zu datieren sind. Zur vollständigen Darstellung des Bestands wurden sowohl die Handschriften als auch die Drucke in einem Katalog zusammengefasst. Von den 630 RISM-Titelaufnahmen sind 562 Handschriften und 68 Drucke. Die ältesten Handschriften stammen aus dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts.
Zu den besonderen Quellen zählen u.a. Handschriften von Michael Haydn, dessen Werke sonst vorwiegend im Stift Göttweig überliefert sind; das in Niederaltaich vorliegende „Cantate Domino“ (Signatur NA/SP (H-32) ist unikal. Auch von dem 2. Teil des „Civitatem. Festina lente“ MH 47 auf einen anderen Text „Ut tibi dulces fuerunt lapides“, NA/SP (H-60), gibt es nur eine weitere Kopie in Ungarn. Einzelne Michael Haydn zugeschriebene Werke finden sich ebenfalls in der Sammlung, wie ein vermutlich von Joseph Krottendorfer komponiertes „Regina caeli“, NA/SP (72), oder ein Graduale „Inveni David“ von Johann Georg Albrechtsberger NA/SP (H-52). Von Interesse sind außerdem anonym überlieferte Werke, wie beispielsweise eine unter NA/SP (A-44) überlieferte Passionskantate, deren Texte teilweise von Barthold Heinrich Brockes entlehnt oder aus Bachs Johannes-Passion entnommen sind.
In zahlreichen älteren Mappen sind Aufführungsdaten eingetragen, und zwar von 1828 bis 1911. Sie dokumentieren eine intensive Nutzung des Notenmaterials. Der insgesamt sehr geschlossene Bestand dürfte etwa um ein Viertel größer gewesen sein als jetzt. Ausstehend sind Einzelforschungen zu Schreibern oder biographische Forschungen im Umkreis der Pfarre Spitz. Beziehungen zum kaum mehr als 20 km entfernten Stift Göttweig sind offensichtlich, bedürfen aber ebenfalls weiterer Erforschung.
Kurz nach Abschluss der Arbeiten am Niederalteicher Bestand wurde in Spitz a. d. D. ein weiterer unbekannter Teilbestand mit über 230 Musikalien wieder aufgefunden. Die Erschließung konnte in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Ende 2016 durchgeführt werden. Die ÖAW führte die Digitalisierung beider Bestände durch und verlinkte sie mit den RISM-Titelaufnahmen, so dass der getrennte Fundus virtuell wieder vereinigt wurde. Zusammen umfassen die beiden Bestände über 750 Musikhandschriften und 100 Musikdrucke.
• Zuständig: RISM-Arbeitsstelle München
Literatur:
Schöner, Erich: Geschichte des Marktes Spitz a. d. Donau, 1979.
(Gottfried Heinz-Kronberger, Mai 2017)