Köln, Musikwissenschaftliches Institut der Universität (D-KNmi)
Das Musikwissenschaftliche Institut der Universität Köln beherbergt das Max Bruch-Archiv, eine Sammlung von Autographen, Stichvorlagen, frühen Drucken, Briefen und Dokumenten zu Leben und Werk des rheinischen Komponisten. Der Grundbestand des Archivs wurde von Ewald Bruch, dem Sohn des Komponisten, zusammengetragen. Nachträglich wurde es durch weitere Ankäufe und Schenkungen erweitert, darunter das Autograph des Doppelkonzertes für Klarinette und Viola op. 88 von 1911. Insgesamt beinhaltet die Sammlung ca. 40 Musikautographe, mehrere handschriftliche Textentwürfe zu Vokalwerken, 8 Stichvorlagen mit autographen Eintragungen aus dem Besitz des Verlegers Fritz Simrock und einige frühe Abschriften.
Neben diesem Spezialbestand wurden auch die übrigen, im Zettelkatalog der Bibliothek gemeinsam mit dem Gesamtbestand der Musica practica alphabetisch verzeichneten Musikhandschriften für RISM katalogisiert. Es handelt sich um eine recht heterogene Zusammenstellung von handschriftlichen und gedruckten Quellen von ca. 1700-1920, die wohl vor allem auf Anregung der Professoren des Instituts über mehrere Jahrzehnte hinweg erworben wurden. Einige Quellen (darunter mehrere Flötensonaten von Quantz und Benda sowie drei Cembalokonzerte aus dem 18. Jahrhundert) tragen den Besitzstempel des langjährigen Lehrstuhlinhabers Ernst Bücken (1884-1949), dessen Nachlass mit Musikhandschriften aber zum größten Teil in der Handschriftenabteilung der Kölner Stadt- und Universitätsbibliothek aufbewahrt wird (RISM-Sigel D-KNu, siehe W. Kahl).
Ältester Schatz der Sammlung sind die autographen Stimmensätze zu mehreren Messen und Motetten des Kölner Domkapellmeisters Charles Rosier (1640-1725), die alle als Unikate anzusehen sind. Als Herzstück der Sammlung gelten die Manuskripte mit italienischen Opernarien und Kirchenmusik aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, die vermutlich aus dem Nachlass von Graf Clemens August von Hatzfeld (1743-1794) stammen, der Hofbeamter des Kölner Kurfürsten in Bonn war. Einige der Arien könnten zum Repertoire seiner Ehefrau, der gefeierten Sängerin und Pianistin Anna Maria Hortense, geb. von Zierotin, gehört haben. Beim Repertoire fällt eine besondere Vorliebe für die Generation der „jüngeren Neapolitaner“ wie Tommaso Traetta und Nicolo Jommelli auf. Neben Gian Francesco de Majo, Antonio Salieri und Giuseppe Sarti sind Komponisten wie Pasquale Anfossi, Johann Adolf Hasse, Giovanni Battista Lampugnani, Davide Perez, Giuseppe Scarlatti, Joseph Schuster sowie der Bonner Hofkapellmeister Pietro Pompeo Sales vertreten.
Aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert sind Autographe erhalten, unter anderem von Karl Grädener (1812-1883), Johann Peters (1820-1870), Jacob Fischer (1849-1933) und Gustav Jenner (1865-1920). Unter den überwiegend Klaviermusik und Lieder beinhaltenden Sammelhandschriften des 19. Jahrhunderts sticht die umfangreiche Liedersammlung des Schulgehilfen Joseph Maas aus Wasserburg am Inn (1857/58, Signatur M 1642 R) heraus. Neben anderen seltenen Werken enthält sie Stücke aus einer verschollenen Drucksammlung mit Rheinliedern aus der Mitte des Jahrhunderts (vgl. G. Massenkeil).
• Zuständig: RISM-Arbeitsstelle München
• Website: Musikwissenschaftliches Institut der Universität Köln
Literatur:
Ursel Niemöller, Carl Rosier (1640?-1725). Kölner Rats- und Domkapellmeister (= Beiträge zur rheinischen Musikgeschichte, Heft 23), Köln 1957
Willi Kahl, Musikhandschriften aus dem Nachlaß Ernst Bückens in der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, in: Aus der Welt des Bibliothekars. Fs. Rudolf Juchhoff, Köln 1961, S.159-171
Dietrich Kämper, Verzeichnis der Autographen des Kölner Max Bruch-Archivs, in: Max Bruch-Studien: zum 50. Todestag des Komponisten (= Beiträge zur rheinischen Musikgeschichte, Heft 23), Köln 1970, p.142-147
Günther Massenkeil, Rheinromantik im deutschen Sololied um die Mitte des 19. Jahrhunderts, in: Musikalische Rheinromantik: Bericht über die Jahrestagung 1985 (= Beiträge zur rheinischen Musikgeschichte, Heft 140), Köln 1989, S.146-166.
(Steffen Voss, 11. August 2013)