Répertoire International des Sources Musicales

Arbeitsgruppe Deutschland e.V.

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Rostocker Musikaliensammlung in RISM erschlossen

Amrei Flechsig

Wednesday, December 17, 2025

Im Dezember 2020 war die Erschließung der Musikaliensammlung der Universitätsbibliothek Rostock in RISM begonnen worden – genau fünf Jahre später, im Dezember 2025 konnte sie abgeschlossen werden. Die Katalogisierung erfolgte in drei Arbeitspaketen in der Dresdner RISM-Arbeitsstelle. Kernbestand der Rostocker Musikalien mit über tausend Signaturen sind die Sammlungen von Friedrich Ludwig von Württemberg-Stuttgart und seiner Tochter Louise Friederike, Herzogin von Mecklenburg-Schwerin. Aufbauend auf dem von Ekkehard Krüger 2006 veröffentlichten Katalog konnten in die Erschließung mittlerweile einige neue Erkenntnisse einfließen.

Der letzte Teilbestand enthielt vor allem einige Anonyma, bei denen mehrere neue Zuordnungen vorgenommen werden konnten. Beispielsweise konnten 190 Tänze und Airs im Sammelband D-ROu Mus. Saec. XVIII-67.2(1-2) großenteils unterschiedlichen Bühnenwerken Jean-Baptiste Lullys zugeordnet werden. Vermutlich geht dieser Band zurück auf den Nachlass des Erbprinzen Friedrich Ludwig, der durch die frühere Ausrichtung des Württemberger Hofes am “französischen Geschmack”, aber auch durch einen Aufenthalt in Paris 1715 während seiner Kavaliersreise in seiner Sammlung einen klaren französischen Schwerpunkt hatte.

Seine Tochter Louise Friederike dagegen orientierte sich, bedingt durch die Moden der Zeit, am italienischen Geschmack, wie sich an ihren Musikalien deutlich erkennen lässt. Doch französische Musik war auch bei ihr nicht ausgeschlossen: So konnten beispielsweise 19 Airs und Duette in der Sammlung D-ROu Mus. Saec. XVIII-72.19 als Auszüge aus französischen Parodien identifiziert werden, die großenteils aus dem Umkreis des “Théâtre de M. Favart” stammen.

In der dritten Lieferung waren außerdem Handschriften aus dem 19. Jahrhundert enthalten, deren Katalogisierung im Herbst 2025 erfolgte. Dazu gehörten Quellen aus der Provenienz der Rostocker Singakademie, sowie ein Notenbestand aus dem Nachlass von Ferdinand von Roda und einzelne Handschriften aus der Provenienz Rostocker Bürgerfamilien. Ferdinand von Roda war von 1857 bis zu seinem Tod 1876 Universitätsmusiklehrer in Rostock und Leiter der Rostocker Singakademie. Für Aufführungen der Singakademie nahm er zahlreiche Bearbeitungen vor, beispielsweise von J. S. Bachs Johannespassion (D-ROu Mus. Saec. XVIII-4/5.1a-18) oder einzelnen Kantatensätzen (D-ROu Mus. Saec. XVIII-4/1(2).1-29). Doch auch einige eigene Kompositionen sind von ihm überliefert, wie ein Passionsoratorium (D-ROu Mus. Saec. XIX-72(1).1-34) und eine Trauerkantate (D-ROu Mus. Saec. XIX-74.1, Mus. Saec. XIX-74.2a-d) aus der Rostocker Zeit oder mehrere Klavierwerke, teilweise noch aus seinen Jahren in Braunschweig und Hamburg (u.a. D-ROu Mus. Saec. XIX-74.4a und Mus. Saec. XIX-74.6).

Von besonderem Interesse ist außerdem ein kleiner Bestand an Musikhandschriften mit Bezug zur Rostocker Familie Eggers. In Widmungen werden die als Kunsttheoretiker bekannt gewordenen Brüder Karl und Friedrich Eggers sowie mehreren ihrer Angehörigen genannt. Karl Eggers trat selbst auch als Komponist in Erscheinung, so liegt von ihm ein Band mit acht plattdeutschen Liedern vor, Vertonungen aus dem „Quickborn“ von Klaus Groth (D-ROu Mus. Saec. XIX-100). Der jüngere Bruder Gustav Eggers war sogar ein ausgebildeter Musiker und Komponist, von ihm sind mehrere Lieder in einem Sammelband enthalten (D-ROu Mus. Saec. XIX-126); außerdem ist mit der Instrumentalkomposition „James Monmouth“ auch sein letztes Werk überliefert, das er kurz vor seinem frühen Tod (Neujahr 1860/61) komponierte (D-ROu Mus. Saec. XIX-102). Dem aufwändig gestalteten Band ist ein zusätzliches Titelblatt mit kunstvoller farbiger thematischer Ausgestaltung beigelegt, das möglicherweise von dem bekannten Hamburger Künstler Otto Speckter stammt.

Dank der Katalogisierung in RISM können diese Bestände nun mit dem Sigel der Universitätsbibliothek, D-ROu, im RISM Catalog recherchiert und durchsucht werden.

Literatur:

Ekkehard Krüger: Die Musikaliensammlungen des Erbprinzen Friedrich Ludwig von Württemberg-Stuttgart und der Herzogin Luise Friederike von Mecklenburg-Schwerin in der Universitätsbibliothek Rostock, Beeskow 2006

Abbildungen:

Mus.Saec.XVIII-74-1, Exlibris der Louise Friederike von Mecklenburg (mecklenburgisch-württembergisches Allianzwappen)

Mus.Saec.XVIII-74-1, Titel eines Sammelbands aus dem Besitz von Louise Friederike von Mecklenburg

Mus. Saec. XIX-102, Titelblatt zu “James Monmouth” von Gustav Eggers, möglicherweise von Otto Speckter gestaltet

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Kategorie: Bibliotheksbestände


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